Geschrieben von Max Schlenker nach Aufzeichnungen von Adolf Kähny
Eine kleine Geschichte Adelhausens (Teil 6)
1852 ist die Stimmung in Adelhausen gedrückt. Einige Beamte vom Bezirksamt Schopfheim hatten den Ort besucht, ihn einer strengen Prüfung unterzogen - und eine lange Mängelliste dagelassen, die nun abgearbeitet werden muss. So entsprächen die Hauptstraßen nicht der Normbreite, die Jugend würde nur unregelmäßig die Schule besuchen, die Bauern nicht sinnvoll Düngen und ihre Felder bestellen und sämtliche Gemeindemitarbeiter und Ortspolizisten wären faul und würden ihren Dienst nicht richtig erfüllen.
Die Situation ist typisch für die Gesamtlage in Deutschland. Mit dafür verantwortlich sind die politischen Ereignisse. Und sie werden das Gefüge auch in den nächsten Jahren weiter durcheinanderwirbeln.
Zunächst setzt mit dem Scheitern der Revolution von 1848/49 eine Phase ein, in der die Obrigkeit wieder vehement versucht, ihre Rechte und ihren Anspruch bis in die kleinsten Gemeindeteile, wie eben bis nach Adelhausen, durchzusetzen. Das passt vielen Menschen nicht und da vor allem die Jahre um 1850 auch schlechte Erntejahre sind, wandern 87 Personen in dieser Zeit nach Amerika aus.
Doch viele Ideale der Revolution bleiben auch. Und nachdem die preußische Armee mit Hilfe weiterer Unterstützer aus dem Deutschen Bund erfolgreich in Kriegen gegen Dänemark und Österreich ist, lebt die Idee eines deutschen Nationalstaats wieder auf. 1870 bricht der Krieg gegen Frankreich aus, in dessen Folge auch die süddeutschen Staaten dem Norddeutschen Bund beitreten. Auch 11 Soldaten aus Adelhausen sind so beteilig und marschieren mit bis Paris. An die Kriegsteilnehmer erinnert eine Tafel, die 1910 im alten Schulhaus angebracht worden ist. Der Norddeutsche Bund gewinnt den Krieg und in Versailles ist es 1871 schließlich so weit: Das Deutsche Reich wird ausgerufen.
Die Reichsgründung schafft bestehende Zollgrenzen ab und gibt dem gesamten Deutschen Reich endlich eine einheitliche Währung. Das löst einen Wirtschaftsboom und eine Gründungswelle von Unternehmen, aber auch Verbänden aus. So wird etwa 1880 die Freiwillige Feuerwehr Adelhausen gegründet. Ihr erster Kommandant ist Kaufmann Heinrich Kähny. Ins Jahr 1889 fällt die Gründung der Käsereigenossenschaft Adelhausen, was sich als wirtschaftlicher Segen für den ganzen Ort herausstellt. Dadurch kann die anfallende Milch zur Herstellung verschiedener Arten von Käse und Butter besser verwertet sowie der gemeinsame Absatz der Produkte an auswärtige Verbraucher koordiniert werden. Der Betrieb der Genossenschaft erfolgt zunächst in einem gemieteten Gebäude. 1896 baut sie ein eigenes Haus in der Ortsmitte. 1891 wird der Musikverein Adelhausen gegründet, der noch heute zum festen kulturellen Bestandteil von Adelhausen gehört. 1905 wird der Kreditverein Adelhausen-Eichsel gegründet, der 1968 mit der Raiffeisenbank Maulburg fusioniert.
Und selbst eine Wasserleitung bekommt Adelhausen: 1904 beginnen die Vorarbeiten und am 14. Januar 1908 werden die Leitungen geöffnet. Acht Ortschaften auf dem Dinkelberg werden vom Pumpwerk in Maulburg mit Wasser versorgt. Die mühselige Arbeit des Wassertragens und Wasserschöpfens aus den Tiefbrunnen ist nun zu Ende. Am 25. Juli 1908 findet die feierliche Übergabe der "Dinkelberger Wasserversorgung" statt. Der ganze Dinkelberg feiert mit. Das Fest beginnt mit der Schlüsselübergabe am Pumpwerk in Maulburg, daran schließt sich eine Rundfahrt durch die beteiligten Dörfer an und endet mit einem Festmahl in Adelhausen.
Doch die friedlichen Zeiten sind bald auch schon wieder vorbei. Denn die europäischen Großmächte rasseln einmal mehr mit den Säbeln. Im Sommer 1914 bricht der Erste Weltkrieg aus.